„Moni“ bringt Poesie in Heimat 3

Dritte Staffel feiert im Hunsrück Premiere – Schauspielerin Julia Prochnow erzählt von ihrer ersten kleinen aber feinen TV-Rolle

„Deine Verkörperung der Moni ist in unserem Film ein echtes Stück Poesie.“ Das hat kein Geringerer als Edgar Reitz der Schauspielerin Julia Prochnow ins Gästebuch ihrer Homepage geschrieben. In Heimat 3 hatte die 30-Jährige, die in Simmern aufgewachsen ist, ihre erste kleine TV-Rolle. Wenn sich heute Abend der Vorhang zur Premiere im Hunsrück hebt, dann wird Julia als „Moni von Oberwesel“ zu sehen sein.

RHEIN-HUNSRÜCK. „Später werde ich einmal Schauspielerin.“ Diesen Satz sprach Julia Prochnow im Alter von 14 Jahren, als die Crew von Heimat 2 in ihrer Heimatstadt Simmern drehte. „Mach erstmal dein Abitur, und dann sehen wir weiter“, entgegnete Produzent Robert Busch damals. „Er hatte wohl die vage Hoffnung, dass ich mir das aus dem Kopf schlagen würde“, erinnert sich die Jung-Schauspielerin an die Szene. Keiner von beiden ahnte, dass sie sich mehr als zehn Jahre später wieder sehen würden, beim Dreh zu Heimat 3.

Dazwischen liegt die Ausbildung zur Schauspielerin, zunächst in der Theaterwerkstatt Charlottenburg in Berlin, später in der Schauspielschule Genzmer in Wiesbaden. 2001 war Julia dann als Lucie in Goethes „Stella“ bei den Kammerspielen in Koblenz zu sehen. Auch Edgar Reitz saß bei der Premiere im Publikum. Nach der Vorstellung feierte „Jule“ zunächst mit ihren Freunden aus dem Hunsrück. So verpasste sie den Kurzauftritt des Star-Regisseurs Reitz bei der offiziellen Premiere-Feier. Den staunenden Kollegen vom Koblenzer Ensemble blieb später nur das Überbringen der Botschaft: „Du hast eine Rolle in Heimat 3“.

Dem Premierepublikum am Wochenende wird Julia Prochnow nun als Moni von Oberwesel begegnen. Mit sicherem Schritt spaziert sie durch die Weinberge von Oberwesel, wo sie unvermittelt am Günderodehaus auf einen Klarinette spielenden Elektriker aus „der Ehemaligen“ stößt. Ihr Hund, der im wirklichen Leben Urmel heißt, Freunden aus Simmern gehört und eher zufällig zu seiner Filmrolle kam, ist zunächst zutraulicher als sein Frauchen. Das wahrt, dem Naturell der Einheimischen entsprechend, erst Distanz. Dennoch wird es eine schicksalhafte Begegnung. Tilmann und Moni verlieben sich, heiraten, sind zur Hand, wann immer Clarissa und Hermann ihre Hilfe benötigen. Ihre Beziehung bleibt anders als die der Protagonisten unkompliziert, ja spießig, sagt Julia Prochnow. Moni betreibt ein Elektrogeschäft in Oberwesel, er ist ein Hifi-Freak, verliebt in die technischen Spielereien im goldenen Westen. „Ein Stück Wiedervereinigung im Kleinen zeichnete sich da ab“, erklärt Julia Prochnow. Selbst bei der Millenniumsfeier, zehn Jahre nach ihrem ersten Treffen, sind die beiden noch zusammen. Tilmann spielt Klarinette und Moni himmelt ihn vom Bühnenrand an. „Wir sind ein Pärchen, das Verlässlichkeit bringt in eine Zeit, die so unstet geworden ist.“

Für Julia war Heimat 3 das „Bombastischste“, was sie je erlebt hat. Das hat zu einem großen Teil mit Regisseur Edgar Reitz zu tun. „Ich bin ihm dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe und dabei so viel lernen durfte“, so die gebürtige Simmeranerin. Wenn sie sich an die fast 30 Drehtage in Oberwesel, Woppenroth und München erinnert, „dann hatte ich jedesmal Herzklopfen, wenn er auf mich zukam.“ Ihr Respekt vor dem großen Erzähler des deutschen Kinos war enorm, selbst in den Drehpausen. „Egal ob er über Schiller gesprochen hat, oder in allen Einzelheiten beschrieb, wie er Crème Caramel zubereitet, er erzählte alles mit der gleichen Inbrunst.“

Doch umgekehrt scheint auch die Nachwuchsschauspielerin aus dem Hunsrück es dem Heimat-Regisseur angetan zu haben: „Deine Verkörperung der Moni ist in unserem Film ein echtes Stück Poesie“, schrieb Edgar Reitz ihr ins Gästebuch ihrer Homepage (www-julia-prochnow.de). „Ich wünsche Dir alles Gute für Dein Fortkommen und dass es viele geben wird, die Deine Talente erkennen und nutzen werden“, steht da weiter zu lesen.

„Schuld“ an diesem Urteil sind vielleicht solche Szenen, wie sie sich im Keller des Günderodehaus´ zutragen. Das erste Weihnachtsfest nach der Wende verbringen Tilmann und Moni dort in der unfertigen Baustelle. „Dei Mutter in Zeitz is allewei traurisch ohne disch“, tröstet Moni den Elektriker aus dem Osten, der alsbald seinen Kummer vergisst. Den richtigen Oberweseler Zungenschlag hat übrigens die Wirtin der Historischen Weinwirtschaft, Iris Marx, der jungen Schauspielerin beigebracht.

Wie das im Film nun wirkt, weiß Julia selbst noch nicht. Sie wird Heimat 3 mit vielen Darstellern am Wochenende zum ersten Mal erleben. Schon während der Dreharbeiten war sie fasziniert, was Edgar Reitz aus vielen Szenen gemacht hat, die ihr nach der Lektüre des Drehbuchs noch rätselhaft vorkamen. Umso gespannter ist sie nun, wie sich jene Szenen auf der Leinwand mitteilen, deren Dreh sie nicht erlebte.

Dass sie die Premiere nun in Mainz und nicht in Simmern erlebt, braucht die Hunsrücker nicht zu grämen. Ihrer ganz persönlichen Heimat wird Julia auch über den Film und alles, was danach kommen mag, verbunden bleiben. „Den Hunsrück werde ich nicht mehr los, ich habe es schon mal ohne ihn probiert, aber durch irgendwelche Umstände komme ich hier immer wieder an.“

Ingo Lips

Artikel in der Rheinzeitung vom 25.09.04
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