„Fliegenden Bau“ sesshaft machen

Auch nach den Dreharbeiten von Edgar Reitz würden die Oberweseler das Günderode Haus gerne als Museum erhalten
Das Günderode Haus in den Weinbergen von Oberwesel ist zum Symbol für die Dreharbeiten der dritten Heimat-Staffel von Edgar Reitz geworden. Für die Baubehörden ist die Filmkulisse, die nur mit Ausnahmegenehmigung errichtet werden durfte und nur eine befristete Daseinsberechtigung hat, ein so genannter „fliegender Bau“. Schon jetzt werden aber alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit das Günderode Haus 2005 nicht wirklich „fliegt“ und dem Welterbetal eine Attraktion erhalten bleibt.

OBERWESEL. Auch ohne die Story von Edgar Reitz ist die Geschichte des Hauses Günderode filmreif. Der Fachwerkbau aus dem Jahre 1780 stand zunächst in Seibersbach, bis er 1988 abgerissen wurde. Erst da stellte sich heraus, welcher Schatz sich Jahrzehntelang unter dickem Mörtel verborgen hatte. Ein findiger Restaurator bewahrte das Haus in seinen Einzelteilen, ehe es 2002 für die Dreharbeiten von Edgar Reitz am Rhein prachtvoll auferstand.
Hier, in idyllischer Lage, bekam es eine zentrale Rolle in der Heimat-3-Geschichte, und die soll es auch nach Abschluss der Dreharbeiten behalten. Wenn es nach der Filmgesellschaft und VG-Bürgermeister Thomas Bungert geht, soll das Symbol für die filmische Würdigung des Mittelrheins als Heimat-3-Museum dauerhaft bleiben – und dafür gibt es gute Gründe.
Im Dezember 2004 wird die dritte Staffel des Filmepos‘ im Fernsehen ausgestrahlt, spätestens im Januar 2005 dürfte der Fan-Tourismus zu den Orignialdrehorten losgehen, prognostiziert der VG-Bürgermeister. „Das wird einen Boom am Mittelrhein auslösen, an dem wir auf Dauer partizipieren können“, meint Bungert mit Blick auf das geplante Heimat-Museum in den Weinbergen.
Auf dem Weg dorthin wären allerdings noch einige Hürden zu überwinden, wobei der erste Schritt schon gemacht ist: Die beiden Eigentümer der Grundstücksflächen in den Weinbergen haben ihr Einverständnis signalisiert, den Boden, auf dem das Günderode Haus steht, zum Wohle ihrer Vaterstadt Oberwesel an einen öffentlichen Träger zu verkaufen. Der müsste allerdings erst noch gefunden werden, und die Stadt Oberwesel, die am sinnvollsten in dieser Rolle agierte, hat kein Geld. Damit stellt sich die Frage der Finanzierung.
Bungert knüpft große Erwartungen an das Leaderplusprogramm, aus dem schon umfangreiche Mittel in das Projekt im Oelsberg fließen. Auch das Günderode Haus wird dieser Lage zugerechnet, und die Winzerschaft hätte großes Interesse, das Objekt in einmaliger Lage zur Präsentation ihrer Weine mit zu nutzen. Zugleich müsste aber auch eine dauerhafte gastronomische Begleitung sichergestellt werden, ebenso wie eine entsprechende Infrastruktur mit Zufahrt und Parkplatzangebot, damit sich das Gelände Touristen erschließt. Auch als Bühne für kulturelle Veranstaltungen taugt das Günderode Haus, so dass auch die Kulturstiftung Rheinland-Pfalz als Förderer in Frage käme. Schließlich steht da noch das baurechtliche Problem im Raum: Der „fliegende Bau“ müsste nach jetzigem Stand der Dinge 2005 wieder abgerissen werden. Um dem Fachwerkhaus eine dauerhafte Heimat in den Weinbergen zu sichern, müsste der Standort als Sonderfläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen werden, was später noch durch einen Bebaungsplan zu konkretisieren wäre.
Angesichts der allgemeinen Akzeptanz, der sich das Günderode Haus in Stadt-, Verbandsgemeinderat und übergeordneten Stellen erfreut, dürfte das im Vergleich zu der noch offenen Finanzierung das kleinere Problem sein.
Andererseits: Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn in Zeiten des kollektiven Lamentos über sinkende Besucherzahlen im Welterbetal Kreativität, die dem Tourismus nützt, in Mainz nicht honoriert würde.
Ingo Lips

Artikel in der Rheinzeitung vom 20.09.2003
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