„Rutsch emol e‘ Stickche eniwwer“

Am 125. Drehtag verschafft Metzgermeister Manni alias Rüdiger Karsch dem Herrmann Simon einen Sitzplatz auf der Tribüne. In der dritten Staffel der Hunsrück-Saga Heimat hat auch der Waldböckelheimer Ortsbürger-meister Rüdiger Karsch eine kleine Rolle: er spielt den Schabbacher Dorfmetzger Manni. „Filmen ist viel einfacher als auf der Bühne zu stehen“, sagt der passionierte Laiendarsteller der Theatergruppe Wanderfreunde 1972.

WALDBÖCKELHEIM / SCHABBACH. „Ei Herrmann, du siech awwer heit guud aus!“ So begrüßte Metzgermeister Manni
alias Rüdiger Karsch bei Dreharbeiten das Schabbacher Hermännche. „Dau hädd ich sahn misse unn nitt du“, berichtigt sich Rüdiger Karsch selbstkritisch. Das Talent Karschs hat den Regisseur Edgar Reitz überzeugt – trotz dieser feinen Dialektunterschiede zwischen „Beckelum“ und Schabbach. Nachdem dieser ihn bei der Aufführung der Waldböckelheimer Wanderfreunde „Die Holzaktion“ gesehen hatte, lud er ihn zu Probeaufnahmen ins Feuerwehrhaus nach Riesweiler ein. Dort musste Karsch in einer Szene in der Schabbacher Dorfkneipe von Rudi Molz mitspielen: Kurz nach Anton Simons Tod macht Metzgermeister Manni in fröhlicher Runde den Vorschlagr die Asche des Vereinssponsors Anton im Pokal des FC Schabbach beizusetzen. „Der Reitz hat kurz erklärt, worum es geht und dann ging es schon los“, erinnert sich Karsch. „Filmen ist trotzdem viel einfacher als auf der Bühne Theater zuspielen“, erklärt der pensionierte Beamte. „Denn wenn’s nicht klappt kann man ja nochmal drehen.“ In zirka 250 Drehtagen, bis März 2003, soll Heimat 3 im Kasten sein. Mit der Produktionsfirma hat Karsch einen Vertrag abgeschlossen, dass er bis dahin jederzeit kurzfristig am Drehort erscheinen muss. So stand er an der Waldböckelheimer Kerb freitags und samstags vor der Kamera. Am 125. Drehtag hatte er eigentlich Gemeinderatsitzung gehabt doch da stand das Fussballspiel FC Schabbach gegen SG Eintracht Bad Kreuznach auf dem Drehplan.
Das Stadion des FC-Schabbach ist auf dem Riesweiler Sportplatz nachgebaut: mit zwei fahrbaren Tribünen und Bandenwerbung des Sponsors Simon-Optik, Rüdiger Karsch begrüßt dort seine Laienspiel-Kollegen: den Schabbacher Bäcker, den Bürgermeister und den Großbauer.
Die beiden Darsteller-Profis Mathias Kniesbeck und Henry Arnold (Anton und Herrmann Simon) trifft er schon vorher im Produktionsgebäude der Edgar Reitz GmbH. Karsch staunt dort über die Kunst des Maskenbildners, der den Hermann um rund zwanzig Jahre „altern“ lässt. Er selbst bekommt die Haare ein wenig auf „Manni-Länge“ gekürzt.
Auf dem Sportplatz weiß er noch immer nicht, was auf ihn zukommt. Die Regieassistentin lotst ihn und die anderen Schabbacher auf die mit Komparsen besetzte Zuschauertribüne und erklärt die Szene: Hermann kommt zur Tribüne und sucht einen Sitzplatz „Rutsch emol e‘ Stickche eniwwer“, sagt Karsch spontan zu seinem Nebenmann. In der 87. Minute fällt das 1:0 für den FC, alle reißen die Arme hoch. Über vier Stunden dauerte der Dreh der letzten drei Spielminuten, in denen auch Rüdiger Karsch einige Augenblicke lang zu sehen sein wird.


Regisseur Edgar Reitz (links) betrachtet kritisch die Fans auf der Tribüne. Nach dem Tor durften die Anhänger des FC-Schabbach nicht wild und unkontrolliert drauflos jubeln, sondern mussten ihrer Freude sehr dosiert und koordiniert Ausdruck verleihen. Reitz kümmert sich allerdings mehr um die Dialoge der Schauspieler, die Komparsen lässt er seine Assistentin einweisen.


Artikel in der Rheinzeitung vom 06.01.2003
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