Den Hunsrück in die ganze Welt gebracht

Filmemacher Edgar Reitz feiert seinen 70. Geburtstag: Große Retrospekive seiner Heimat, dem Hunsrück, hat er mit „Heimat“ ein weltweit beachtetes Denkmal gesetzt. Der Filmemacher und gebürtige Hunsrücker Edgar Reitz feiert am 1. November seinen 70. Geburtstag. Sechs Wochen lang wird sein Werk in einer großen Retrospektive gewürdigt.

SIMMERN. Weltweit haben weit mehr als 100 Millionen Zuschauer die beiden Filmzyklen „Heimat“ und „Die Zweite Heimat“ in ihren Bann gezogen. Damit hat Edgar Reitz ein epochales Werk geschaffen, und dem Hunsrück ein bleibendes Denkmal gesetzt. Darüber hinaus drehte Reitz als Regisseur eine große Anzahl von Kurz-, Dokumentar- und Spielfilmen. Aus Anlass seines 70. Geburtstages, am 1. November, präsentiert das „Pro-Winzkino“ in Simmern eine Reitz-Retrospektive mit Filmen und Betrachtungen. Unbestritten ist Edgar Reitz einer der bedeutendsten Regisseure der deutschen Filmgeschichte, einer ihrer wichtigsten Vordenker und Gestalter.
Während seiner Arbeit an den „Heimat“-Produktionen entstand auch eine enge Verbindung mit den filmverrückten Leuten des „Pro-Winzkinos“. Zur Zeit ist das vielfach ausgezeichnete Lichtspieltheater in der Simmerner Fußgängerzone wieder eine Art Heimstatt für das Produktionsteam der „Dritten Heimat“. Während der Drehtermine im Hunsrück erfolgt hier die erste Sichtung des Materials. Das Simmerner Kino gehört auch zu den wenigen Lichtspielhäusern in Deutschland, in denen sowohl die elf Folgen von „Heimat“, als auch die 13 Spielfilme der „Zweiten Heimat“, jeweils in einem Durchgang über die Leinwand flimmerten. Ein cineastischer Leckerbissen, zu dem Kinofans aus ganz Deutschland anreisten.
Edgar Reitz ist ein wunderbarer Geschichtenerzähler. Immer wieder erzählt er in seinen Filmen Geschichten seines Lebens, Geschichten seiner Familie, Geschichten aus dem Hunsrück und der nahen und fernen Welt. Ein Erfolgsgeheimnis dabei ist die Mobilisierung der kollektiven Erfahrung und Erinnerung. In der ersten „Heimat“ war es die Erinnerung an das ländliche Leben, an die scheinbar gute Vergangenheit, an die Sehnsucht nach Neuem, ohne aber mit dem Alten brechen zu müssen. Herrmann Simon die Hauptfigur macht dann doch einen Strich durch allzu viel Harmonie und geht aus der Provinz nach München. Dort erlebte er in der „Zweiten Heimat“ als Student die sechziger Jahre.
„Heimat 3“ überschreibt Edgar Reitz als „Chronik einer Zeitenwende“. Sie soll aber nicht nur der dritte Teil der Heimat-Trilogie werden, sondern ist eine erzählerische Bilanz des 20. Jahrhunderts in seinem letzten Jahrzehnt. Schabbach ist wieder einmal die „Mitte der Welt“. Am Ende des Kalten Krieges und Fall der Mauer sind 20 000 Amerikaner aus dem Hunsrück abgezogen, zahllose Menschen aus Kirgisien, Kasachstan, Tadschikistan oder Georgien ziehen in die leerstehenden Häuser. Alle träumen von einem leichteren Leben. Am Abend des 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls treffen sich der Dirigent Hermann Simons und die Sängerin Clarissa Lichtblau in Berlin, entdecken ihre alte Liebe und beschließen im Hunsrück, hoch über dem Rheintal, in einem romantischen Fachwerkhaus, ihr neues gemeinsames Leben zu beginnen.
Die Geschichte die folgt kreist um das späte Liebespaar. Bauhandwerker aus dem Osten, Russlanddeutsche, Hermanns Hunsrücker Verwandte. Neue und alt bekannte Figuren sind in die Geschichte eingebunden. Die Enkel der Maria aus der ersten „Heimat“ schreiben die Familienchronik weiter. Das alte Fachwerkhaus ist der Mittelpunkt der sechs 90-minütigen Geschichten. Hier entscheiden sich die Konflikte. Von hier starten die Jungen ins Leben und hierhin kehren allen zurück. Mit der Silvesternacht zum Jahr 2000 endet die dritte „Heimat“.
Werner Dupuis

Artikel in der Rheinzeitung vom 12.10.2002
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