„Heimat“-Sehnsucht soll gestillt werden

Wiederholung in den 3. Programmen und ein Bilderbuch

„Heimat“, ein eigentlich unübersetzbarer Begriff, hat seine deutschen Grenzen verlassen und ist zu einem Siegeszug quer um den Erdball angetreten. „Heimat“, jenes Meisterwerk von Edgar Reitz, kehrt jetzt zurück und will noch einmal unsere Sehnsucht stillen: als Wiederholung in den 3. Programmen, den Anfang macht der WDR am kommenden Sonntag (21.45 Uhr). Der Südwestfunk will das 16-Stunden-Werk im Winter anbieten. Wer nicht so lange warten kann, der blättert inzwischen in der „Chronik in Bildern“, ein aufwendiges Buch von Edgar Reitz zur Fernsehserie (Verlag Bucher, München, 48,- DM).

Gerade aus Israel zurück, wo „Heimat“ in drei Städten als zweiteilige Kinofassung lief, berichtete der Filmemacher jetzt in Köln von seinem „Welterfolg“: „Die WDR/SFB-Produktion ist inzwischen in 19 Länder verkauft worden. In sieben Ländern lief die Kinofassung“. Stolze 5,5 Millionen Mark brachte der TV-Vertrieb ein den Fernsehanstalten ein. Skeptisch äußerte sich Reitz über die italienische Synchronisation: „Auch die Franzosen nehmen nicht die gebräuchliche Untertitelung. Dafür sagen sie zumindest, „die Deutschen haben das Wort, und wir das Gefühl“.
Keine Zeit scheint indessen Autor und Regisseur Reitz zu haben. Die nächste große WDR/SFB-Produktion steht zwar schon „gedanklich fest“, „Heimat“-Termine (jetzt für sein Buch auf der Frankfurter Messe) verhindern jedoch eine ernsthafte Arbeit. Ob er auch zu der Buchpräsentation am 5. November zu „RZ reisen + lesen“ nach Koblenz kommt, ist deshalb noch ungewiß.

Hunsrücker Schauspieler, die in der Serie mitgewirkt haben, werden sogar einen Einakter aufführen. Allen voran sicherlich Gertrud Bredel aus Bad Kreuznach. Als Katharina muß sie wohl auch Peter Zadek in Hamburg imponiert haben. Für das Bauernstück von Franz Xaver Kroetz wollte er die Bad Kreuznacherin verpflichten: „Leider bekam mein Partner, ein DDR-Schauspieler, keine Ausreisegenehmigung. Jetzt nehmen sie einen jüngeren Bauerndarsteller. Für ihn wäre ich zu alt Schade“.
Bei gekochtem Rindfleisch mit gelber Meerrettichsoße, weißen Bohnen und Sauerkraut (ein Festmahl, als der Hunsrück noch keine Kartoffeln kannte) plauderten die Schauspieler über ihre Erfahrungen nach „Heimat“. Während Gertrud Bredel feststellt daß das Leben weitergeht wie bisher, muß Rüdiger Weigang (er spielte den Eduard) zugeben, daß er praktisch arbeitslos ist. In Köln wartet er jetzt auf Angebote. Sabine Wagner (Martha): „Seitdem bin ich bei den Regisseuren auf Heimat festgelegt. Mich ärgert das“.
Kaum zu glauben, daß die Wiederholung für viele eine Heimat-Premiere sein wird. Die Zuschauer können dann erneut oder erstmals feststellen, „ob man vielleicht doch mit denen da im Hunsrück verwandt ist“, wie es WDR-Intendant Friedrich Nowottny beschrieb.

Kurt Frank


Artikel in der Rheinzeitung vom 05.03.85
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