Yucatan

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1959 – 1960

Poetischer Dokumentarfilm über die untergegangene Kultur der Maya.

Produktionsdaten 
 Regie Edgar Reitz
 Drehbuch Edgar Reitz
 Kamera Edgar Reitz
 Schnitt Beate Mainka-Jellinghaus
 Musik Josef Anton Riedl
 Weitere Titel Yucatan (Originaltitel, DE)
 Produktionsfirma D 56-Film Theumer & Co. (München)
 Länge 300 m, 11 min
 Format 35mm, 1:1,37
 Bild/Ton s/w, Ton
  Prüfung/Zensur ab 6 Jahre / d: Nr. 23056, 09-August-60
 Uraufführung Oberhausen: 08-Februar-61

Anlässlich seiner ersten Mexiko-Reise  im Mai 1939 begegnete der Autor Edgar Reitz zum ersten Mal den faszinierenden Berichten von den versunkenen Städten  in Süden  des Landes. Erste Pläne für einen Filmbericht darüber entstanden im Gespräch mit mexikanischen Freunden, die einige der leichter zugänglichen Maya-Städte gesehen hatten. Als die Firma Kurt  Linnebach Herrn Reitz  im August  1959 beauftragte, einen  Dokumentarfilm über Baumwolle  in Südamerika au drehen, ergab sich plötzlich eine Chance, mit  der Filmkamera eine Expedition in die Maya-Gebiete  zu planen. Kurt  Linnebach  stellte  dazu aus eigenen Mitteln  die technischen  Voraussetzungen, ohne  zunächst   zu hoffen, dass  die  Vorstellungen  des Regisseurs mit   der Realität   der in  den Urwäldern versteckten Ruinenstädte vereinbar sein würden. Da kein ausreichendes Informationsmaterial über die Paläste und  Tempel in den Wäldern von Yucatan vorlag, musste  das Drehbuch mit vielen Fragezeichen versehen werden.
Die  zweite  Schwierigkeit  entstand, als  die mexikanische Regierung die Aufnahmegenehmigung verweigern wollte. Die Syndikate  der mexikanischen Filmschaffenden versuchten, das Unternehmen  zu unterbinden, denn selbst die  sehr aktive  einheimische Filmindustrie hatte sich dieser Themen bisher nicht  angenommen und fürchtete einen Einbruch in ihre Reservate der Zukunft. Ein amerikanisches Filmteam, das mit perfekten technischen Ausrüstungen und einem Heer von Mitarbeitern einige Monate vorher in Mexiko  erschienen war, um in  Yucatan  zu drehen, war des Landes verwiesen worden. Die  Situation war bereits hoffnungslos, als es Herrn Reitz nach wochenlangem antichambrieren bei  den mexikanischen  Behörden endlich  gelang, mit   den notwendigen Lizenzen nach  Yucatan  zu starten.Am 30 .September 1959 berichtete die mexikanische  Zeitung   „EXCELSIOR“‚, dass  dies das erste Mal sei, dass  in  Yucatan ein  reiner Dokumentarfilm gedreht  werde. Es konnte
bisher nicht festgestellt  werden, ob der vorliegende Film diese Ehre der Priorität
wirklich  zu Recht trägt.

Leider war bei den langwierigen Vorbereitungsarbeiten nun nur noch wenig Zeit für die Realisation des Films geblieben. Die  Entfernungen, die es  zu  überwinden gab, waren für europäische  Vorstellungen riesig, Die „Verkehrswege“ kaum zu beschreiben. Man hatte vorher Berichte gesammelt, in  welchen winzigen Siedlungen Leute  zu finden seien, die die  Wege kannten. Einmal konnte man sogar eine Art  Jeep auf­treiben – es war ein Ford – Baujahr etwa 192o,  mit  dem man sich  in Abenteuerlicher Fahrt  durch den Busch arbeitete. Das Klima in Yucatan ist  für Europäer fast  unerträglich. Bei  einer extrem hohen Luftfeuchtig­keit   steigt   die  Temperatur täglich über 4o°c.   Regen  ist  fast  unbe­kannt. In der feucht-dumpfen Luft gerät man alsbald in einem merk­würdig entrückten, fieberartigen Zustand. Die Gedanken lassen sich schwer sammeln.
Dann das Erlebnis, mit  einem mitten in der Zivilisation der Hauptstadt geschriebenen Drehbuch, einer Arriflex und einem Koffer voll Objek­tive in der Stille der versunkenen Städte zu stehen. Nach ein paar Tagen hilfloser Versuche, sich mit der Kamera an die entrückten Architekturwerke heranzutasten, wollte das Unternehmen daran  scheitern, dass  jedes Bauwerk, jede Plastik, jede Maya-Stadt einer völlig verschiedenen Epoche zu entstammen schien. .Jede vorgefasste stilistische Idee scheiterte. Die Archäologischen Spekulationen der einschlägigen Literatur schienen falsch  zu sein.
Es wäre falsch gewesen, mit  dem Film nur archäologische Deutungen zu geben. Ebenso falsch  wäre  es gewesen, sich mit  der Kamera nur in der bizarren Formenwelt  zu weiden, denn sie ist unserer Phantasie  zu fremd. Sie bedarf keiner Verfremdung,  wie unsere gewohnte Umwelt, sie wird umso mächtiger
je mehr Banales darüber gesagt wird.
Nach der Rückkehr nach Deutschland musste das Film-Material zunächst
fast  ein Jahr unbearbeitet liegen bleiben. Der Schnitt  bot  wieder schwierige
Probleme. Das Material war starr, statisch und fremd geworden, war nur
schwer in Fluss zu bringen.
Das akustische  Erlebnis in Yucatan war die Stille. Eine Musik der
Mayas  ist nicht  überliefert. Da der Film die Atmosphäre der Städte
beschreiben wollte, konnte keinerlei herkömmliche akustische Untermalung
vorgenommen werden, ohne dass das Bild völlig verfälscht worden wäre.
Die von Josef Anton Riedl komponierte elektronische Musik schien schliesslich die einzige Möglichkeit zu sein, die statischen Bilder zum Leben zu bringen.

Der Film erhielt im Dezember 1960 das Prädikat „besonders wertvoll“.

Quelle: ehemalige Internetpräsenz www.Edgar-Reitz.com