Geschichten vom Kübelkind

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Produktionsdaten 
 Regie Edgar Reitz
 Ula Stöckl 
 Drehbuch Edgar Reitz
 Ula Stöckl 
 Kamera Edgar Reitz
 2. Kamera         Kenan Ormanlar
 Schnitt Hannelore von Sternberg
   Ton         Guido Reitz
 Musik         Ekkehardt Kühn
 Weiterer Titel Geschichten vom Kübelkind (Originaltitel, DE)
 Produktionsfirma Edgar Reitz Filmproduktion (München) 
 Produzent Edgar Reitz
 Aufnahmeleitung         Jobst Neuschäfer
 Format 16mm, 1:1,37
  Länge         205 min , 205 min (Langversion), 101 min (Kurzversion)
 Bild/Ton Farbe, Ton
Uraufführung         München: Kneipenkino im Rationaltheater 02-April-71
 Darsteller         Christine de Loup
 Bruno Bendel 25
 Alf Brustellin 11, 21, 24
 Ilse Brustellin 11
 Hans Heinrich Brustellin 8, 11, 24
 Antje Ellermann 2
 Hedwig Fankhänel 2, 3, 4, 5, 6, 12, 25
 Peter Finkenstaedt 8
 Jacques Freers 8
 Josette Genet-Bollinger 12
 Albert Guilhamot 10, 11, 12, 24
 Karl Hauer 12, 25
 Erika Heffner 9, 16, 24
 Werner Herzog 17
 Peter Hohberger 11
 Alexander Kaempfe 6, 13, 24
 Ekkehardt Kühn 24, 25
 Maximiliane Mainka
 Peter Ostendorf 24
 Reiner Pier 16
 Hans Sukopp 14
 Hannelore Ulfers 16
 Heike Ulfers 16
 Wolfgang von Ungern-Sternberg 24

Was ist ein Kübelkind?

Am Anfang steht der Witz von der aufgezogenen Nachgeburt. Eine Nachgeburt ist zum Wegwerfen, nicht zum Aufziehen. Und damit fängt Kübelkinds Unrechtsituation an.
Kübelkind wächst in einer Mülltonne, von Anfang an in einem roten, kleingeblümten Kleid, roten Strümpfen und roten Schuhen.
Die Darstellerin des Kübelkindes, Kristine de Loup, trägt diese Kleidung plus einer schwarzen Chinesen-Pagenkopf-Perücke immer. In allen Geschichten. Damit man Kübelkind schon von weitem erkennt, und damit auch optisch schon klar wird: die kann sich anstrengen wie sie will, sie wird nie so sein wie wir.
Es sieht am Anfang so aus, als wäre Kübelkind gern im Kübel. Zumindest kennt sie es nicht anders.
Dann kommt einer von uns und sagt, das ginge so nicht. Jeder hätte einen Vater und eine Mutter zu haben, brauche ein schönes Bett in einem hellen Zimmer und viele liebe Leute um sich herum.
Kübelkind kennt das leider alles nicht, meint es aber freundlich, wenn sie sich darauf einläßt, ihren Kübel zu verlassen.
Es sollte auch nicht gesagt sein, daß es im Kübel am allerschönsten war und daß man sie deshalb unbedingt hätte drin lassen sollen.
Aber die Alternative zum Kübel sind leider wir, und damit wird es für Kübelkind sehr kompliziert.
Plötzlich muß sie aufhören, direkten Wünschen nachzugehen. Denn selbst wenn sie alles lernt, was sie von uns lernen soll, wird sie anschließend streng bestraft, weil sie leider ein bißchen etwas dazugelernt hat, von dem wir nicht geredet hatten. Solche Erziehungs- und Lernprozesse macht sie solange durch, mit allen Konsequenzen, bis sie mordet, hurt und stiehlt, selber ermordet wird, in der nächsten Geschichte wiederkommt und anfängt sich zu rächen.
Aber von Kübelkinds Rache kann man erst in den Geschichten 24 – 64 sprechen.


Kübelk
ind – Speisekarte

Alte Männer  Wenn Kübelkind es will, stehen manche Männer ganz schnell in der Unterhose da. 1’06“

Kübelkind’s Kindheit  Diese Geschichte sollte man sich auf jeden Fall ansehen! Eine Nachgeburt macht sich selbständig… dann aber kommt die Wohlfahrt. 6’13“

Kübelsyndrom  Etwas über die Fähigkeit unserer Gesellschaft alles zu verstehen, zu verzeihen und zu vergelten. 10’15“

Des Hauses Schmuck ist Reinlichkeit  Kübelkind unter der Dusche, im Regen und in der Traufe. 4’30“

Katzen haben Flöhe  Kübelkind tut so, als würde es schlafen. Weil es gerne wissen möchte, was dann passieren kann. Aber die Stiefmutter kommt dazwischen. 8’34“

Kübelkind wird glatt und rund  Kübelkind erlebt einen Erziehungsversuch durch einen geistlichen Herrn, der genau weiß, was gut tut. 4’52 „

Ein ganz kleines Glück  Kübelkind treibt es mit den Früchten des Feldes. 2’03“

Kübelkind lernt einen Lord kennen und wird aufgehängt  Das stimmt, aber die Rache ist ganz besonders süß. 17’10“

Kübelkind erzählt einer Königin ein Märchen  Eine Geschichte zum Hinhören und Zuschauen. 6’08“

10 Kübelkind lernt ein Scheißspiel  Kübelkind erfährt am eigenen Arsch, wie zwischen Streicheln und Hauen ein spaßiger Zusammenhang entsteht. 3’31“

11 Kübelkind lernt nein sagen  Kübelkind feiert eine Hochzeit, aber im entscheidenden Augenblick wird es trotzig, worauf die Waffen sprechen. 16’40“

12 Murmeltier lernt tanzen  Kübelkind soll für den Jahrmarkt erzogen werden,singt schöne Lieder, beschimpft die Leute und brennt mit der Kasse durch. 18 ’51“

13 Alle Macht den Vampiren  Es ist kaum zu glauben, wieviele Vampire es geben könnte. Kübelkind ruft sie zu einer großen Demonstration auf. 2’19“

14 Freiheit durch AI Capone  Kübelkind redet dauernd von Revolution, aber AI Capone, die Sau, von etwas ganz anderem. 18’36“

15 Eine Kaufhausdiebin  Nach einem schönen Kaufhausbummel sitzt Kübelkind auf dem Schoß einer Kollegin und macht nur ein bißchen mit. 3 ’38“

16 Besonders nette Eltern  Kübelkind muß lernen, daß ein Beischlaf auch dann von Übel ist, wenn er auf dem Klo vollzogen wird. 9′

17 Niedrig gilt das Geld auf dieser Erde  Kübelkind geht auf den Strich und wird dafür ermordet. 15’13“

18 Geschichten und Finanzierungsvorschläge bitte an der Kasse.

19 Die Hexe soll brennen  Muß Kübelkind auf dem Scheiterhaufen enden? Kommt eine Rettung von oben? 4’15“

20 Geschichten- und Finanzierungsvorschläge bitte an der Kasse.

21 Kübelkind hat einen guten Menschen zum Fressen gern  Liebe geht durch den Magen, aber manchmal verdirbt man ihn sich dabei. 9’35“

22 Kübelkind ersäuft Kübelkinder  Dazu gibt es schöne Musik und alles ist sehr poetisch. 4’13“

23 Geschichten- und Finanzierungsvorschläge bitte an der Kasse.

24 Kübelkind reitet für den König  Der größte Film aller Zeiten. Intrigen, alte Gemäuer, quietschende Fußböden, die Königin schläft mit dem falschem Mann, Kübelkind heiraret D’Artagnan und reitet auf einem weißen Pferd, noch mehr Intrigen und Kübelkind macht mit. Dafür soll sie am Ende an allem schuld sein. 25’30“

25 Das Bankkonto im Walde  Kübelkind glaubt an unser Kreditwesen. Muß deshalb aus dem vierten Stock eines Hauses springenund ein trauriges Lied singen. 11’46“

26 bis 64 – Geschichten und Finanzierungsvorschläge bitte an der Kasse.

Warum Kübelkind?

Ein Statement von Ula Stöckl und Edgar Reitz

– Weil wir 1969 keine Lust hatten, einen 90 Minuten-Spielfilm zu machen, der wieder ohne Verleih bleibt.
– Weil uns mehr Geschichten einfielen, als für einen Spielfilm gutgewesen wäre.
– Weil wir uns beim Drehen nicht festlegen wollten, ob der Film 2 oder 20 Minuten lang wird. Deswegen haben wir dann viele 2 -20 Minuten lange Filme gedreht.
– Weil, wenn man nicht an einen deutschen Verleih denken muß, die Welt wieder schöner wird.
– Weil wir wahre Geschichten lieben, aber auch unwahre.
– Weil das Kübelkind manchmal am Ende einer Geschichte tot sein darf, ohne für die nächste Geschichte gestorben zu sein.
– Weil wir gerne mit Kostümen spielen, aber auch ohne.
– Weil wir gerne eine Erziehungsgeschichte drehen wollten.
– Weil wir alle unsere Freunde in schönen Rollen sehen wollten.
– Weil wir eine solche Wut hatten,
– Weil das Kübelkind gerne fickt.
– Weil wir Scheiße finden, daß sie das büßen muß, und weil wir auch auf die FSK scheißen.
–  Weil eines Tages die Kassetten kommen, und weil wir wissen wollen, ob das auch wieder so wird wie mit den Verleihern.
– Weil wir vom Bundesinnenministerium gerade Geld bekommen hatten und es auf keinen Fall zurückgeben wollten.
– Weil wir auch Kübelkinder sind…
– … und schließlich haben wir dann in München ein Kneipenkino aufgemacht, und da läuft Kübelkind alle Tage außer montags ab 23 Uhr, Eintritt DM 3,50, und Kübelkinder stehen auf der Speisekarte

Quelle: ehemalige Internetpräsenz www.Edgar-Reitz.com