Der Schneider von Ulm

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Produktionsdaten

Regie Edgar Reitz
 Regie-Assistenz Petra Kiener
 Elmar Klos 
 Jan Krizék
 Drehbuch Edgar Reitz
 Petra Kiener
 Kamera Dietrich Lohmann
 Martin Schäfer (Modell-Flugaufnahmen)
  Kamera-Assistenz Michael Zens
 Ivan Simunec
 Bohuslav Rath
Licht Hans Dreher
Bauten Winfried Hennig (Entwürfe)
 Franz Bauer
  Bau-Ausführung Karel Vacek
 Ludvik Siroky
 Milos Preclik
Requisite Miloslav Dvořák
Bühne Hans Dreher
 Kostüme Jan Kropáček
 Barbara Gailling
 Maske Josef Lojik
 Schnitt Sigrun Jäger
  Schnitt-Assistenz Evelyn Schmidt
 Ton Miloslav Hurka
 Martin Müller
 Musik Nikos Mamangakis
  Mischung Rainer Lorenz
 Produktionsfirma Edgar Reitz Filmproduktions GmbH (München)  
 Produzent Edgar Reitz
 
 Produktionsleitung Peter Genée (Gesamtleitung)
 Jan Kadlec
Aufnahmeleitung Helena Strnadova
 Produktions-Assistenz Mareela Dobnourka
    
 Format 35mm, 1:1,66
 Bild/Ton Eastmancolor, Ton
 Länge 3281 m, 120 min
 Prüfung FSK-Prüfung: ab 6 Jahre / feiertagsfrei:
 Nr. 50360, 28-NOV-78
Uraufführung Ulm: Kammer-Lichtspiele 19-Dezember-78
 Darsteller Albrecht Ludwig Berblinger: Tilo Prückner
 Kaspar Fesslen: Vadim Glowna
 Anna Berblinger: Hannelore Elsner
 Jakob Degen: Harald Kuhlmann
 Schlumberger: Dieter Schidor
 Pointet: Rudolf Wessely
 Irma: Marie Colbin
 Kratzky: Herbert Prikopa
 Annas Mutter: Dana Medřická
 Moretti: Otto Lackovic
 Fritz: Michael Hoffbauer
 Herr von Besserer: Ivan Vyskocil
 Herzog Heinrich: Bronislav Poloczek
 König Friedrich: Karel Augusta
 Josef: Jan Kraus
 Francois: Peter Pospickel
 Vater Scheiffelin: Svatopluk Beneš
 Nachbar: Otto Budin
               Jiri Prymek


DER SCHNEIDER VON ULM
 
Ende des 18. Jahrhunderts: Albrecht Berblinger, Schneidergeselle, ist zu Fuß unterwegs von Wien nach Ulm, seiner Heimatstadt. In seinem Gepäck ein ausgestopfter Bussard, in seinem Kopf ein schwindelerregender Traum: Der Traum vom Menschenflug, von vogelgleichen Reisen durch die Luft. Da hört er einen Hilferuf. Eine riesige Luftkugel schwebt am Himmel, und Berblinger fängt zu rennen an.
Er rennt in eine Kette von Ereignissen, die sein Leben bestimmen werden. Wer da in der Ballongondel verzweifelt um Hilfe ruft, ist Irma Moretti, die Freundin des Konstrukteurs und Luftschiffers Jakob Degen aus Wien. Berblinger hilft bei Irmas Rettung, die „da oben im Luftmeer“, von dem Berblinger träumt, „fast ersoffen“ wäre.
Gasballone und Luftkugeln gibt es erst seit wenigen Jahren, und schon basteln Europas Träumer an Geräten, mit denen sie vogelgleich nach freiem Willen fliegen wollen. Jakob Degen hat ein absonderliches Flattergerät gebaut und demonstriert es im Reitsaal der Wiener Universität. Mit großer Begeisterung beteiligt sich Berblinger von nun an an Degens Plänen vom Menschenflug.
In seiner Heimatstadt Ulm, wohin er schließlich doch zurückkehrt, sind solch fantastische Träumereien nicht vorgesehen. Berblinger soll „auf den Boden zurückkommen“, doch weder eine bürgerliche Ehe noch der goldene Boden seines Handwerks können ihn halten. Immer wieder baut er in monatelanger Mühe Flügel. Bis zur Erschöpfung nimmt er in einem entlegenen Tal vor der Stadt Anlauf um Anlauf, verletzt sich die Knochen, verliert seine Frau, sein Geschäft, sein Geld und baut Bruch um Bruch. Sein Wiener Freund Degen, auf der Durchreise nach Paris, besucht ihn in Ulm. Hat Degen inzwischen das Problem des Flie-gens gelöst? Ist Berblinger in seinem Provinznest mit allem, was er wagt, zu spät – oder zu früh?

Die Wucht geschichtlicher Ereignisse reißt Berblinger aus seinen besessenen Träumen. Die französische Revolution, die Kriege der deutschen Fürsten und Reichsstädte gegen Frankreich, Bürgerunruhen und Aufstände gegen die korrupte Ulmer Stadtobrigkeit bringen eine Wende in Berblingers Leben. Er schließt Freundschaft mit dem Ulmer Jakobiner und Anführer des BürgeraufStandes Caspar Fesslen, erlebt mit dem politischen Freund eine neue Realität. Unterdrückung, Angst, kleinbürgerliches Duckmäusertum, Ächtung durch die Mitbürger, Gefangenschaft. Doch er kehrt aus der Haft mit einer entscheidenden Idee zurück: Die neuen Flügel, die er einsam und ausgestoßen von der Ulmer Gesellschaft, baut, tragen ihn. In immer größeren Luftsprüngen lernt er wirklich fliegen und betritt als erster Mensch den freien Raum zwischen Erde und Himmel.
Die Anhänglichkeit an seinen Freund Fesslen ist die einzige Verbindung, die Berblinger noch zur Ulmer Welt unterhält. Fesslen todkrank aus dem Gefängnis zurückgekehrt, druckt in seiner Werkstatt das politische Testament der süddeutschen Jakobinerbewegung, seinen utopischen Traumflug in eine bessere Gesellschaft, und stirbt, ehe er Berblinger in der prekärsten Lage seines Lebens helfen kann.
Anläßlich des Königsbesuchs soll Berblinger einen Flug über die Donau wagen. Plötzlich interessiert man sich für ihn und 10.000 Menschen aus der Umgebung haben sich unter seinem Sprungturm versammelt. Doch kurz vor dem Start macht der „Vogelmensch“ eine haarsträubende neue Entdeckung: Aufwinde tragen ihn zwar an seinen gewohnten Übungshang, aber gefährliche Abwinde am Fluß drücken ihn mit Zentnerlast nach unten. König und Erzherzog, Magistrat und Offiziere und das ungeduldige Volk sind nur noch eine Meute, die den genialen Erfinder und Künstler ins Verderben hetzen. Er stürzt und muß um sein Leben fliehen. Aber seine Fantasie ist nicht zu stürzen, sie fliegt unbeirrbar weiter und stellt die sogenannte Wirklichkeit auf den Kopf.

Quelle: ehemalige Internetpräsenz www.Edgar-Reitz.com